Beizen und Passivieren von Edelstahl

Da die Verwendung der Begriffe „Edelstahl“, „Beizen“ und „Passivieren“ im allgemeinen Sprachgebrauch oft ungenau ist, haben wir für Sie im Folgenden zunächst einmal kurze Begriffsdefinitionen zusammengestellt:

Edelstahl: Unter Edelstahl versteht man Stähle mit einem Chromgehalt >12 % Cr, die in der Lage sind, eine korrosionsschützende Passivschicht (extrem dünne Schicht aus Chromoxiden) aufzubauen. Beschädigungen der
Passivschicht durch mechanische oder thermische Prozesse können zu Korrosion führen und müssen beseitigt werden. Im Allgemeinen versteht man unter Edelstahl die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle.

Beizen: Beizen dient der Entfernung aller Verunreinigungen von der Edelstahloberfläche mit dem Ziel, eine metallisch reine Oberfläche zu erhalten. Nur auf solch metallisch reinen Oberflächen kann sich die schützende Passivschicht ausbilden.

Zunder und Anlauffarben sind keine Passivschichten und somit potenzielle Angriffspunkte für Korrosion. Dasselbe gilt für ferritische Ablagerungen, die während der Fertigung fast unvermeidlich sind. Die Beizverfahren beseitigen auf chemischem Wege (durch Säuren) alle Verunreinigungen und führen zu metallisch reinen Oberflächen.

Man unterscheidet zwischen dem reinigenden Beizen (wie oben beschrieben) und dem abtragenden Beizen. Bei Letzterem werden zusätzlich äußere Oberflächenschichten bis zu einer Dicke von 3 bis 5 µ, im Bedarfsfalle auch bis 10 µ, abgetragen. In diesen Schichten sind nach einer mechanischen Bearbeitung vermehrt Zugspannungen enthalten. Diese wiederum können in Verbindung mit gewissen Chemikalien Auslöser von Spannungsrisskorrosion sein. Abtragende Beizverfahren dienen also dazu, die Gefahr der Spannungsrisskorrosion herabzusetzen.

Passivieren: Beim Passivieren wird eine schützende Schicht, die sogenannte Passivschicht, ausgebildet. Dabei ist es unerheblich, ob dies auf natürlichem Wege durch Feuchtigkeit und Sauerstoff (innerhalb von Tagen) oder durch Passivierungschemikalien (innerhalb von Minuten) vor sich geht. Da bis zur vollständigen Ausbildung der Passivschicht jedoch noch Korrosionsgefahr besteht, empfiehlt sich die Passivierung auf chemischem Wege. Passivieren lassen sich nur metallisch reine Oberflächen. Das bedeutet, dass Passivieren immer den zweiten Schritt nach einem Beizprozess darstellt, es sei denn, man kann sicher sein, dass bei der Fertigung keine störenden (ferritischen) Ablagerungen auf die Oberfläche gelangt sind.

 

Beizverfahren

Dem Stand der Technik entsprechend basieren Beizmittel für Edelstahl auf Salpetersäure-Flusssäure-Gemischen oder auf Flusssäure-Wasserstoff-Peroxyd-Lösungen. Grundsätzlich sollten sie frei von Salzsäure und Chloriden sein. Abgesehen davon, dass es bei der Anwendung salzsäurehaltiger Beizen beim Edelstahl schon nach wenigen Minuten zur Überbeizung kommen kann, besteht zusätzlich die Gefahr der Lochkorrosion.

Zum Beizen von Edelstahl stehen grundsätzlich zwei Verfahren zur Verfügung. Einerseits kann das Beizen mit Beizlösungen entweder durch Tauchen in Beizbäder, durch Umpumpen in Rohrleitungssystemen oder auch durch Berieseln der zu beizenden Flächen erfolgen. Beizpasten andererseits sind Beizlösungen, die durch geeignete Verdickungsmittel so viskos eingestellt sind, dass sie auch an senkrechten Flächen haften. Sie können entweder mit Pinsel oder Bürste aufgetragen werden oder im Sprühbeizverfahren, bei dem die Paste mit einem Niederdrucksprühgerät auf die Oberfläche aufgebracht wird.

Beizchemikalien sind Gefahrstoffe im Sinne der Gefahrstoffverordnung. Sie unterliegen den Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes, das eine große Anzahl an Auflagen für die Anwender von Beizchemikalien vorsieht.

Anlagen

Technologie-Information Beizen – Schlackeneinschlüsse

Schwarze Einschlüsse in Schweißnähten, bedingt durch die häufig nicht durchführbare Formierung, lassen sich durch Beizen nur unvollständig oder gar nicht entfernen.
Es handelt sich dabei um Carbonitride oder andere schlackenartige Substanzen, die infolge ihres nichtmetallischen Charakters und ihrer amorphen, glasartigen Struktur durch Säuren und andere aggressive
Flüssigkeiten nicht angegriffen werden.
Rückstände, die durch thermische Zersetzung von organischen Schmier- oder Fließmitteln im Bereich der Wärmeeinflusszone entstanden sind, lassen sich aus den gleichen Gründen auf chemischem Wege nicht beseitigen. Eine derartige amorphe Kohlenstoffmasse ist in keinem bekannten Medium löslich.
Wie man an der Widerstandsfähigkeit dieser Beläge gegenüber der recht aggressiven Beizsäure erkennen kann, sind nachteilige Auswirkungen auf die Korrosionsbeständigkeit nicht zu befürchten. Erfahrungsgemäß können diese Erscheinungen bedenkenlos so belassen oder, falls dies nicht möglich oder nicht erwünscht ist, mechanisch entfernt werden.

Mehr Informationen? Wir beraten Sie gerne:
Tel.: 05741 3114-40.